Probleme im Zusammenhang mit der Lagerung alter Eisenbahnschwellen auf dem Betriebsgelände der Mainova AG in Frankfurt- Fechenheim

Sehr geehrte Damen und Herren,

Unsicherheit, Gerüchte und Verärgerung über die ungesicherte Lagerung und Verbrennung von Bahn-schwellen auf dem Allessa-Gelände in Frankfurt-Fechenheim steigen.

Im sog. Biomasse-Kraftwerk der Mainova AG in Fechenheim werden massenhaft Eisenbahnschwellen zur Erzeugung von Strom und Wärme unter freiem Himmel gelagert und später verbrannt.

Wenn wir uns in Fechenheim vor Augen halten, dass die Imprägnierungsmittel vielerlei Stoffe enthalten, die zum Teil im Hinblick auf Umwelt- und Gesundheitsschädigung noch gar nicht wissen-schaftlich untersucht sind, kommen erhebliche Zweifel im Hinblick auf die Gefährdung in Fechen-heim auf. Für uns stellt sich die Frage: „ Ist das Biomasse-Kraftwerk, das aus unserer Sicht eigentlich mehr eine Sondermüll-Verbrennungsanlage ist, tatsächlich sicher für Mensch und Umwelt?“

Wer über die Fußgängerbrücke geht, die über den nördlichen Teil des Allessa-Betriebsgeländes in Fechenheim führt, kann unter sich eine häufig riesige Menge übereinander geschichteter Eisen-bahnschwellen sehen. Diese Schwellen werden von dem Biomasse -Kraftwerk der Mainova AG zur Erzeugung von Strom und Wärme verbrannt. Es gibt Zeiten, in denen die Schwellenberge die Höhe und Breite mehrerer Reihenhäuser aufweisen. Entgegen den Hoffnungen vieler Anwohner, dass es irgendwann mal keinen Nachschub mehr gäbe, trügt. Abgetragene Schwellenberge sind bisher immer wieder aufgefüllt worden. Es scheint unendlich viele Eisenbahnschwellen zu geben, die ihren Weg aus ganz Europa nach Fechenheim finden.

Wie den vielen im Internet veröffentlichten Merkblättern diverser Umweltbehörden über den Umgang mit Bahnschwellen und ähnlichen Produkten zu entnehmen ist, handelt es sich bei alten Eisenbahn-schwellen aus Holz um Sondermüll, und zwar gefährlichen Sondermüll. Die Gefährlichkeit rührt daher, dass Bahnschwellen früher zum Schutz vor Verrottung und Schädlingsbefall mit teerölhaltigen Holzschutzmitteln imprägniert wurden. Die Teeröle weisen einen hohen Gehalt an sog. prozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) auf, die für Mensch und Umwelt äußerst gefährlich sind. Außerdem enthalten die Imprägniermittel auch Phenole und Kresole, die ebenfalls als umwelt- und ge-sundheitsgefährdend eingestuft werden. Wikipedia („Bahnschwelle“) macht in diesem Zusammenhang noch darauf aufmerksam, dass Holzschwellen neben den Imprägniermitteln auch aufgrund von Rückständen aus dem Bahnbetrieb eine Gefahr für Gesundheit und Umwelt darstellen Dazu gehören unter anderem Altöl ( aus Radlagern und sonstigen geschmierten Teilen von Schienenfahrzeugen), an der öligen Oberfläche locker gebundenen Staub aus teilweise asbesthaltigem Bremsabrieb, Ruß aus Abgasen sowie bei der Unkrautbekämpfung im Gleisbereich verwendete Pflanzenschutzmittel, die das berüchtigte Seveso Dioxin enthalten.

Hinsichtlich der Risiken im Umgang mit alten Eisenbahnschwellen weisen die Merkblätter weitge-hend übereinstimmend auf folgende Problembereiche hin:

-Die in den Bahnschwellen enthaltenen Imprägniermittel können zu Geruchsbelästigungen führen.
-Die verwendeten Imprägniermittel können bei Menschen Krankheiten, insbesondere Krebs auslösen.
-Die- Imprägniermittel können den Boden und das Grundwasser kontaminieren.

Diese Risiken sollen im Folgenden mit Blick auf die in Fechenheim gegebenen Verhältnisse näher be-trachtet werden.

1.Geruchsbelästigung

Die für die Bahnschwellen verwendeten Imprägniermittel haben einen unangenehmen, durch-dringenden Geruch, der insbesondere beim Ausschwitzen / Ausdampfen der Imprägniermittel zu massiven Geruchsbelästigungen führen kann. Bei Erwärmung z.B. durch stärkere Sonnen-einstrahlung werden die in den Imprägniermittel enthaltenen Teeröle flüssig und verdampfen. Die dabei frei werdenden Substanzen (PAK, Phenole und Kresole)sind „bereits in Konzen-tration von wenigen Mikrogramm per Kubikmeter Luft geruchlich wahrnehmbar“ (www.agoef.de/schadsoffe/phenole_kresole).

Wie massiv die Geruchsbelästigungen, die von den Bahnschwellen ausgehen, letztlich sind, hängt u.a. von der Anzahl der deponierten Schwellen, den Windverhältnissen und der Luft-temperatur ab. Das Alter der Bahnschwellen ist dagegen von geringerer Bedeutung, da „auch nach einem langjährigen Einsatz im Bahnbereich etwa 2/3 der ursprünglichen Teerölmenge in den Bahnschwellen (verbleiben)“.Vgl.www.teltow-flaeming.de/merkblatt. Die giftigen Substanzen werden m.a.W. noch nach vielen Jahren ausdünstet oder ausgeschwitzt.

Im Falle Mainova lagern riesige Menge an Bahnschwellen im Freien und sind damit direkt der Witterung ausgesetzt. Diese Bahnschwellen lagern nicht nur frei, sondern auch in unmit-telbarer Nähe zum Fechenheimer Wohngebiet. Es verwundert daher nicht, wenn sich vor allem die Anwohner insbesondere bei wärmeren Witterungsperioden über starke Geruchs-belästigungen beklagen.

Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch, dass die von Mainova verbrauchten Bahn-schwellen fortlaufend durch neue Lieferungen ersetzt werden. Die Situation ist damit nicht vergleichbar mit der früher sehr beliebten Verwendung von Bahnschwellen für die Gar-tengestaltung. Die für den Bau von Zäunen , Wänden usw. eingesetzten Bahnschwellen sind dauerhaft im Erdreich oder an einer anderen Stelle verblieben, was im Ergebnis dazu führte, dass durch die ständig fortschreitende Verwitterung der Schwellen die Geruchsemissionen allmählich nachgelassen haben. Durch den ständigen Ersatz der alten durch neue Schwellen ist dieser geruchsmindernde Effekt bei Mainova aber nicht gegeben.

Der Einsatz auch nur einiger weniger imprägnierter Eisenbahnschwellen für die Garten-gestaltung oder andere private Zwecke wie auch generell ihre Verwendung in Wohngebieten ist seit Jahren gesetzlich verboten. Die Lagerung von vermutlich Tausenden solcher Schwellen in unmittelbarer Nachbarschaft eines Fechenheimer Wohngebietes zur Verwen-dung in einem sog. Biomasse-Kraftwerk scheint dagegen die zuständigen Umweltbehörden nicht zu stören, vielleicht haben sie das noch nicht einmal wahrgenommen.

2.Gesundheitsgefährdung

Die schon erwähnten Merkblätter über den Umgang mit Bahnschwellen betonen, dass vor al-lem der direkte Hautkontakt mit den Schwellen gefährlich ist. Empfindliche Menschen kön-nen auf Teeröl mit Hautreizungen und Atembeschwerden reagieren. Viel schlimmer aber ist, dass einige der bisher untersuchten PAK beim Menschen eindeutig zu Krebs (Lungen-, Kehlkopf- und Hautkrebs) und auch zu Fruchtschädigungen und zur Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit führen können. Von den bisher untersuchten PAK ist besonders „Benzo(a)pyren“ bekannt, das „zu den stärksten der bisher bekannten organischen Krebsaus-lösern gehört“ (www. leutkirch.web.de/bahnschwellen). Ferner werden auch Phenole und Kresole als für den Menschen eindeutig krebserregend eingestuft (www. Schad-stoffberatung.de/holzschz).

Im Falle Mainova sind die Gefahren, die bei direktem Hautkontakt mit Bahnschwellen be-stehen, zumindest für Außenstehende gering einzuschätzen. Das Betriebsgelände ist von Mau-ern umgeben und wird auch bewacht. Die Gefahren kommen jedoch von einer anderen Seite. Es ist unbestritten, dass die zuvor genannten schweren gesundheitlichen Schäden nicht nur durch direkten Hautkontakt, sondern auch durch die giftigen Dämpfe verursacht werden können, die beim Ausschwitzen der Bahnschwellen entstehen und die durch den Mund einge-atmet und/oder über die Haut aufgenommen werden

In den Merkblättern werden diese Gefahren – wenn überhaupt- nur am Rande erwähnt. Das ist insofern verständlich, als sich die Merkblätter an Privatpersonen richten. Ob eine Gesund-heitsgefährdung durch Einatmen oder durch Aufnahme über die Haut gegeben ist, hängt hauptsächlich vom Umfang der Konzentration der giftigen Stoffe ab. Bei Verwendung von ein paar Bahnschwellen für private Zwecke sind Gesundheitsgefahren zwar nicht auszu-schließen, aber wegen der vermutlich geringen Giftstoffkonzentration als gering anzusehen. Dennoch hat der Gesetzgeber, wie schon ausgeführt, die Verwendung von Bahnschwellen in Wohngebieten generell verboten Das ist nicht zuletzt dem Vorsorgeprinzip geschuldet, das wesentlicher Bestandteil unserer heutigen Umweltpolitik ist. In Zweifelsfällen, in denen die ver-fügbaren wissenschaftlichen Daten eine umfassende Risikobewertung nicht zulassen, sollen dennoch präventive Maßnahmen zum Schutz von Umwelt und Gesundheit getroffen werden, damit Schäden gar nicht erst entstehen. Dem Vorsorgeprinzip liegt dabei die Erkenntnis zugrunde, dass die Ursachen vieler Schäden oft erst Jahrzehnte später erkannt werden.

der Gesetzgeber
Anders als im privaten Bereich sieht es im Falle Mainova aus. Angesichts der Menge an gela-gerten Bahnschwellen ist anzunehmen, dass die Konzentration der verdampften und verduns-teten Giftstoffe sehr hoch ist und die kritische Größenordnung, ab der die Stoffe für die Menschen gefährlich sind, weit überschreitet. Ungeachtet der Tatsache, dass diese Bahn-schwellen praktisch inmitten eines Wohngebiets lagern, sind die zuständigen Umwelt-behörden wie schon im Hinblick auf die Geruchsbelästigungen bisher untätig geblieben. Das Vorsorgeprinzip scheint in Vergessenheit geraten zu sein.

3.Gefährdung der Umwelt

In einigen Merkblättern über den Umgang mit alten Eisenbahnschwellen wird auch darauf
hingewiesen, dass durch Auswaschungen der giftigen Stoffe infolge Niederschlag eine „Gefährdung der Böden und der Nahrungsketten Boden-Pflanze-Mensch und Boden-Grundwasser- Mensch nicht auszuschließen ist “(www.dithmarschen.de/bahnschwellen).Auch die Europäische Kommission hat sich mehrfach mit diesem Thema befasst. Bereits in der Entscheidung vom 31.Oktober 2002 (bekannt gegeben unter AZ 2002/4116) heißt es : „Kreosot ( Teeeröl ) ist giftig für bestimmte Organismen im Boden und hochgiftig für Wasserorganismen…“. Zu den im Teeröl enthaltenen PAK wird u.a. ausgeführt, dass PAK im Boden nur langsam abgebaut werden (Rückstände können über 20 bis 30 Jahre lang in der Umwelt fortbestehen) und dass PAK, die in Gewässer gelangen, schnell in die Sedimente übergehen.
In welchem Ausmaß eine Beeinträchtigung der Umwelt durch solche Auswaschungen tatsächlich stattfindet, hängt nicht zuletzt vom Bodenaufbau des Lagerortes ab. Ein fester Boden würde z.B. eine Barriere gegenüber der Übertragung von Schadstoffen in das Grundwasser darstellen. Von Bedeutung ist auch, inwieweit sich in der Nähe des Lagerorts Grundwasservorkommen, Brunnen usw. befinden.
Uns ist nicht bekannt, ob diesbezüglich bei der Genehmigung des Biomasse-Kraftwerks überhaupt Gutachten eingeholt wurden. Nur auf der Basis solcher Gutachten lassen sich aber konkrete Aussagen über die Umweltgefährdung machen, die von der Lagerung der Bahnschwellen auf dem Betriebsgelände der Mainova ausgehen. Da bei Mainova enorme Mengen an Bahnschwellen fortlaufend gelagert werden und die Schwellen direkt der Witterung ausgesetzt sind, dürfte eine relevante Kontaminierung des Bodens direkt unter den gelagerten Bahnschwellen eher wahrscheinlich sein.

Der Verein ZUKUNFT FECHENHEIM bittet Sie, umgehend sicher zu stellen, dass von dem Bahnschwellen-Depot keinerlei Gefährdung für Menschen, Luft, Boden und Grundwasser ausgeht. Bis zur Sicherstellung erwartet der Verein die Räumung dieses Depots.

Mit freundlichen Grüßen

(Werner Scholz)

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