In der Jahreshauptversammlung des Vereins ZUKUNFT FECHENHEIM begrüßten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Freude, dass der Verwaltungsgerichtshof in Kassel die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes in Frankfurt wegen der gasfilterlosen Braunkohle-Staubkraftwerke auf dem Allessa-Gelände in Fechenheim zugelassen hat.
Eine Fechenheimer Bürgerin sowie die Stadt Frankfurt und der BUND hatten gegen das umstrittene Braunkohlenstaub-Kraftwerk auf dem Allessa-Gelände in Fechenheim geklagt. Die Klagen wurden vom Verwaltungsgericht Frankfurt regelrecht abgeschmettert. Für den zuständigen Richter (Einzelrichter ohne beisitzende Richter) war sein Urteil offenbar so eindeutig und klar, dass er zur Empörung der Kläger nicht einmal eine Berufung gegen das von ihm erlassene Urteil zuließ.
In Abstimmung mit den übrigen Klägern hatte der BUND daraufhin eine sogenannte Nicht-zulassungsbeschwerde bei der Berufungsinstanz, dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel, erhoben. Die Anwälte des BUND waren der Auffassung, dass dem Frankfurter Richter eine Reihe gravierender Fehler unterlaufen seien, die zu einer Aufhebung des Urteils führen müssten. Die Rede war von schwerwiegenden Rechtsfehlern, falschen Einschätzungen und sonstigen Mängeln.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof bestätigt die BUND-Argumente
Der Hessische Verwaltungsgerichthof hat das allerdings nicht so gesehen. Nach fast einjähriger Prüfung hat er die von den Anwälten des BUND vorgetragenen Argumente im Wesentlichen bestätigt und ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung stattgegeben. Im diesbezüglichen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs heißt es, dass „ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des (erstinstanzlichen) Urteils bestehen“. Weiter wird u.a. ausgeführt, dass der Frankfurter Richter wesentliche Aspekte des Falles übersehen und „unreflektiert“ teilweise nicht stichhaltige Begründungen abgegeben hat und auf Gutachten, die die Klägerseite vorgelegt hatte, überhaupt nicht eingegangen ist. Das sind heftige Ohrfeigen, die dem Verwaltungsgericht wehtun dürften, den Fechenheimer Bürgern aber wieder Hoffnung geben, dass Allessa und Getec mit ihren Tricksereien nicht so leicht davon kommen.
Fechenheimer Bürger machen durch Spenden die Berufung möglich
Den Fechenheimern ist diese positive Entwicklung weitgehend unbekannt. Fechenheimer Bürgerinnen und Bürger sind an dem Verfahren weiterhin direkt beteiligt. Der BUND pflegt nämlich in Fällen dieser Art nur zu klagen, wenn ihm die voraussichtlichen Kosten der Klage in Form von Spenden der betroffenen Bürger zur Verfügung gestellt werden. Im Falle Fechenheims bedeutete dies, dass der BUND zur Klageerhebung nur unter der Voraussetzung bereit war, dass zuvor ein erheblicher Betrag auf dem entsprechenden Spendenkonto eingegangen ist. Den größten Anteil haben dabei drei Fechenheimer Bürger zu je einem Drittel gespendet. Der Restbetrag stammt aus Kleinspenden, die Fechenheimer Bürgerinnen und Bürger aufgebracht haben. Fechenheimer Bürger haben somit die Voraussetzung dafür geschaffen, dass der Weg in die Berufungsinstanz beschritten werden konnte.
Das Thema „Kohlekraftwerk“ wird neuerdings wieder verstärkt von der Presse aufgegriffen. Die USA hatten vor zwei Jahren die Quecksilber-Grenzwerte für Kohlekraftwerke gesenkt, weil Quecksilber nicht nur das Nervensystem schädigt, sondern auch andere immense gesundheitliche Schäden (Herz-Kreislauferkrankungen, Nieren- und Leberschäden sowie Schäden des Immunsystems) verursachen kann. Die US- Grenzwerte liegen erstaunlicherweise um ein Vielfaches unter den deutschen Werten.
Die Quecksilberausscheidungen bei Braunkohleverbrennung sind besonders gefährlich
Die Quecksilberproblematik spielt auch im Berufungsverfahren gegen das Braunkohlenstaub-Kraftwerk eine große Rolle. Das Fechenheimer Braunkohlestaub-Kraftwerk hat -entgegen der verfügbaren Technik- keine Rauchgasentschwefelungsanlage, so dass eine effektive Abscheidung des überwiegend gasförmig auftretenden Quecksilbers gar nicht möglich ist. Gerade Quecksilberdampf ist aber für den Menschen besonders gefährlich. Der eingeatmete Dampf gelangt über die Lunge ins Blut und ins Gehirn. Bereits eine winzig kleine Menge (150-300mg) wird als tödlich angesehen (www.wikipedia.de/quecksilbervergiftung). 4mg Quecksilber reichen übrigens aus, um 6000l Wasser zu vergiften.
Es bleibt zu hoffen, dass das Berufungsgericht bei Quecksilber wie auch bei den anderen relevanten Schadstoffen jetzt strengere und insbesondere richtige Maßstäbe zum Schutz der Gesundheit der Menschen in der Region wie auch zum Schutz der Natur anlegt. Wenn man bedenkt, dass das Fechenheimer Braunkohlestaub-Kraftwerk inmitten eines Wohngebiets mit Schulen, Kindergärten und Altersheimen liegt, ist es erschreckend, wie „großzügig“ das Regierungspräsidium in Darmstadt bei der Genehmigung eines Kraftwerkes verfahren ist, aus dessen Schornsteinen Tonnen giftiger Stoffe geblasen werden. Das im Umweltrecht so bedeutsame Vorsorgeprinzip wurde völlig vernachlässigt. In den als Umweltsünderland verschrienen USA würde vermutlich niemand glauben, dass in Deutschland so etwas möglich ist. Was beispielsweise der Verbraucher in Deutschland alles tun muss, wenn eine kleine quecksilberhaltige Leuchte zerbricht, kann man im Internet (www.umweltbundesamt.de/quecksilber) nachlesen.
Wir sollen gesunde Lebensbedingungen in der Region
Werner Scholz, der Vorsitzende des Vereins ZUKUNFT FECHENHEIM erinnert daran, dass die Vertreter von Allessa, Getec und Regierungspräsidium in Darmstadt nicht einmal auf einen Kompromissvorschlag eingegangen waren, dem zu Folge der Einbau einer Filteranlage zur Befriedung beigetragen hätte. Das überhebliche NEIN der Allessa-, Getec- Vertreter klingt den Zuhörern im Prozess noch heute in den Ohren.
Der Verein ZUKUNFT FECHENHEIM erwartet weiterhin, dass auf dem Allessa-Gelände eine umweltfreundliche Technik bei der Verwendung von Brennstoffen verwandt wird. Er verlangt den Einsatz moderner Anlagen. „Wir Bürgerinnen und Bürger wollen in einer gesunden Umwelt leben – und zwar hier in der Region“, so Werner Scholz. Er fragt weiter: “ Welchen Sinn machen die beispielhaften Investitionen der öffentlichen Hand im Stadtteil, wenn die Erwartungen nach gesunden Lebensbedingungen durch veraltete Industrieanlagen missachtet werden.